Teile diesen Beitrag "Treibstoff der Segel – Globale Windsysteme"
An Küsten weht häufig ein frischer Wind. Bläst er besonders kräftig, wird auch von heftigen Böen geredet. Doch nicht nur am Meer – überall auf der Erde ist die Luft in Bewegung. An manchen Orten mehr an anderen weniger und trotzdem mit einem bestimmten System. Doch wo liegt eigentlich der Ursprung des Windes? Warum gibt es am Äquator nahezu windstille Bereiche? Weswegen ändern sich die Windverhältnisse mit der Jahreszeit? Hier erklären wir, wie durch die Sonneneinstrahlung und die Erdrotation unsere globalen Windsysteme entstehen.
Der Passatwindgürtel
Alles beginnt natürlich mit der Sonne. Sie erwärmt die Luft in der Äquatorregion am stärksten, weil ihre Strahlen hier senkrecht auf die Erdoberfläche treffen. An den Polen ist die Wirkung der Sonne viel geringer, weil ihre Strahlen hier in einem ganz flachen Winkel auf die Erde treffen. Die Sonnenenergie verteilt sich dort auf eine große Fläche. Am Äquator jedoch, wo die Luft am stärksten erwärmt wird, steigt sie schnell in große Höhe auf und hinterlässt am Boden einen Unterdruck, den wir ein Tiefdruckgebiet nennen. Mehrere nebeneinander liegende Tiefdruckgebiete bilden die äquatoriale Tiefdruckrinne oder innertropische Konvergenzzone (ITC).
Die ITC liegt, wie auch die übrigen planetaren Luftdruck- und Windsysteme annähernd breitenparallel wie Gürtel um die Erde herum. Die aufsteigende Luft der ITC bewegt sich in der Höhe in Richtung der Pole und kühlt auf ihrem Weg durch die oberen Luftschichten stark wieder ab. In den Subtropen, auf etwa 30° nördlicher oder südlicher Breite ist die Luft aus der ITC dann soweit abgekühlt, dass sie wieder zu Boden sinkt. Sie „drückt nach unten“ und erzeugt Hochdruckgebiete im sogenannten subtropischen Hochdruckgürtel. Am Boden füllt dieses Hochdruckgebiet das Tiefdruckgebiet am Äquator wieder auf.
Das Zirkulationssystem wird auch Hadley Zelle genannt. Am Boden entsteht also eine Luftbewegung in Richtung des Äquators. Die Corioliskraft macht aus dieser Luftbewegung den Passatwind.
Zur Corioliskraft sollten wir uns in einem kleinen Exkurs einige Gedanken machen:
Die Corioliskraft (der französische Wissenschaftler Gaspard Gustave de Coriolis beschrieb die Kraft erstmals im Jahre 1835) entsteht durch die Drehung der Erde um die eigene Achse. Die Geschwindigkeit die uns die Erddrehung verleiht hängt davon ab, wo auf der Erde wir uns befinden. So drehen wir uns mit einer Geschwindigkeit von 1.670 Stundenkilometern nach Osten, wenn wir auf dem Äquator stehen. Ein Punkt auf dem Äquator muss bei einer Erdumdrehung logischerweise die längste Strecke zurücklegen, während ein Punkt nahe einem der beiden Pole sich nicht so beeilen muss, um sich einmal um die Erdachse zu drehen, weil die Strecke kürzer ist, die er dabei zurücklegt. Unter Gegenständen oder Luftmassen, die sich von den Polen auf den Äquator zubewegen, saust die Erdoberfläche daher nach Osten hinweg, je näher sie dem Äquator kommen. Sie werden scheinbar nach Westen abgelenkt. Da wir nun aber den Wind nach der Richtung bezeichnen, aus der er kommt, entsteht auf diese Weise z.B. der Nordost Passatwind bzw. der Südost Passatwind.
Die Corioliskraft funktioniert auch in die andere Richtung: Gegenstände oder Luftmassen, die vom Äquator in Richtung der Pole unterwegs sind, nehmen ihren ostwärts gerichteten Schwung mit und werden so nach Osten abgelenkt. Auf diese Weise wird aus dem Wind, der zu einem der Pole gerichtet ist ein Westwind (man bezeichnet Wind, wie gesagt, nach der Richtung aus der er weht).
Die polare Zelle
An den Polen passiert das Gleiche wie am Äquator, jedoch mit umgekehrten Vorzeichen. Über den Polen sinkt kalte Luft ab. Sie „drückt nach unten“ und bildet ein Hochdruckgebiet. Vom Nordpol aus drängt die herabgesunkene Luft anschließend so lange nach Süden bzw. vom Südpol aus nach Norden, bis sie soweit erwärmt ist, dass sie wieder aufsteigen kann. Dort wo sie aufsteigt, hinterlässt sie einen Unterdruck bzw. ein Tiefdruckgebiet.
Mehrere dieser Tiefdruckgebiete bilden die subpolare Tiefdruckfurche. In den hohen Luftschichten fließt sie dann wieder in Richtung Pol. Auf diese Weise entsteht am Boden eine Luftströmung, die von den Polen in Richtung der subpolaren Tiefdruckfurche gerichtet ist. Im Norden weht der Wind vom Pol nach Süden; im Süden vom Pol in nördliche Richtungen. Die Corioliskraft macht aus diesen Bodenströmungen die polaren Ostwinde. Die gesamten Zirkulationssysteme werden auch polare Zellen genannt.
Die Westwindzone
Zwischen dem Äquatorialen und dem Polaren Zirkulationssystem, in etwa dem 30sten und 60sten Breitengrad bildet sich, quasi wie zwischen den Zahnrädern einer Maschine, die dritte Windzelle. Die von dem Amerikaner William Ferrel erstmalig beschriebe Ferrel-Zelle.
Hier fließt die Luft von den subtropischen Hochs zu den subpolaren Tiefdruckgebieten, also aus der Richtung des Äquators in Richtung Pol. Im Gegensatz zu den beiden anderen beschriebenen Windgürteln fließt die Luft hier also nicht zum Äquator hin, sondern in die entgegengesetzte Richtung: Auf der Nordhalbkugel von Süd nach Nord, auf der Südhalbkugel von Nord nach Süd.
Die Corioliskraft macht daraus eine Westwindzone. Da in dieser Zone warme Luftmassen aus der Äquatorregion auf kalte Luftmassen vom Pol treffen ist das Ergebnis eigentlich kein ruhiges Zirkulationssystem, sondern eher ein niederschlagsreicher, unruhiger und mitunter stürmischer Durchgangskorridor der wandernden Tief- und Hochdruckgebiete.
Verlagerung der Windgürtel im Jahresverlauf
Die Windgürtel der Erde sind im Laufe der Jahreszeiten in stetiger Bewegung. Mit der Wanderung der Sonne zwischen ihren Wendekreisen verlagert sich auch der tropische Tiefdruckgürtel (die ITC) und mit ihm die Passatwindzone und die subtropische Hochdruckzone.
Für uns Yachtcharter Segler hat das vor allem in einigen beliebten tropischen Segelrevieren Konsequenzen. In der Karibik beispielsweise weht der beständige Passatwind im Winter eher aus Nordost, während er in den Sommermonaten immer weiter auf Ost, regional sogar bis auf Südost dreht. Die Yachtcharter Reviere im Indischen Ozean, z.B. Thailand oder die Seychellen sind dem Monsunwind ausgesetzt, der zweimal im Jahr die Richtung wechselt.
Auch dieser Richtungswechsel hat, stark vereinfacht ausgedrückt, mit der Verlagerung der innertropischen Konvergenzzone (ITC) zu tun. Thailand liegt auf der Nordhalbkugel. Daher weht hier im Winter der Nordostmonsun (entspricht dem Passatwind). Im Sommer verlagert sich die ITC nach Norden und nimmt auf dem Weg den Passatwindgürtel der Südhalbkugel mit nach Norden. Aus dem Südostwind der Südhalbkugel wird durch die Corioliskraft (s.o.) ein Südwestwind auf der Nordhalbkugel. Daher weht in Thailand im Sommer ein Südwestmonsun.
Die Seychellen dagegen liegen auf der Südhalbkugel. Sie liegen im Nordsommer voll im Einflussbereich des Südost Passatwindes oder Südostmonsuns. Im Nordwinter wandert die ITC jedoch weit nach Süden. Der Nordost Passat reicht dann über den Äquator hinaus nach Süden. Auf der Südhalbkugel lenkt die Corioliskraft Luftströmungen die vom Äquator zu den Polen gerichtet sind in östliche Richtung ab. Da ein Wind nach der Richtung bezeichnet wird, aus der er weht entsteht so ein Nordwest-Monsun.
Unser globales Windsystem setzt sich also aus drei großen Windkreisläufen auf jeder Halbkugel zusammen – der Polaren Zelle, Ferrel-Zelle und Hadley-Zelle. Diese Windzonen entstehen durch die Erdrotation und Erwärmung der Luft durch die Sonne. Durch diesen natürlichen Windkreislauf wird somit der Treibstoff der Segel geschaffen.