Teile diesen Beitrag "Manövertipps für Segler – Ankern Teil 3"
In Teil 3 unserer dreitiligen Serie „Manövertipps für Segler – Ankern“ lesen Sie über die Planung der Ankermanövers, das Einteilen der Crew und die Auswahl des Liegeplatzes.
Anlegen mit dem Heck zur Pier
In den meisten Mittelmeerhäfen legen Yachten mit dem Heck zur Pier an. Vielfach liegen in den Marinas dazu Mooringleinen bereit, mit denen der Bug in Richtung Hafenbecken festgemacht werden kann. Häufig fehlen diese Mooringleinen jedoch auch und es wird erwartet, dass für das Anlegen der eigene Anker eingesetzt wird.
Der Anleger mit Buganker und Heckleinen zur Pier wird auch als römisch-katholisches Anlegen bezeichnet und ist das Standard-Manöver bei Yachtchartern in Griechenland. Es erfordert ein gewisses Maß an Vorbereitung und Zusammenspiel der Crew und soll in den folgenden Absätzen in den Grundzügen beschrieben werden.
Planung des Ankermanövers
Werfen Sie frühzeitig einen Blick in Ihr Hafenhandbuch. Dort finden Sie die Informationen darüber, wie vor Ort anzulegen ist, an welcher Stelle des Hafens für Ihre Yacht ausreichende Wassertiefe vorhanden ist und wo sich die Versorgungseinrichtungen für Wasser und Landstrom befinden.
Machen Sie sich mit dem Rückwärtsfahren mit Ihrer Yacht vertraut! Wie stark wirkt der Radeffekt? Wie schnell greift das Ruder, nachdem Sie vom Vorwärts- in den Rückwärtsgang geschaltet haben? Bitte nicht direkt vom Vorwärts- auf den Rückwärtsgang umschalten! Hier gilt es, die „Getriebegedenksekunde“ zu berücksichtigen. Auch zu bedenken: Bei Rückwärtsfahrt wird das Ruderblatt von der falschen Seite aus angeströmt und kann mit Wucht zur einen oder anderen Seite klappen und beschädigt werden. Daher muss das Steuerrad im Rückwärtsgang gut festgehalten werden.
Einteilen der Crew
Dann geht es an die Vorbereitung der Yacht und die Rollenzuweisung bei der Crew:
Bringen Sie die benötigten Fender an Backbord und Steuerbord aus und ein oder zwei weitere Fender am Heck um Ihren Spiegel zu schützen.
Schalten Sie die Ankerwinsch ein und legen Sie deren Fernbedienung und/oder deren Bremshebel klar. Das Crewmitglied, das das Ankergeschirr bedient sollte mit der Funktionsweise der Winsch und dem Ablauf eines Ankermanövers vertraut sein und mit Schuhwerk und Arbeitshandschuhen ausgestattet sein um Verletzungen vorzubeugen. Kurz vor Erreichen des Liegeplatzes muss der Anker entsichert werden und außenbords hängen.
Weiter benötigen Sie ein Crewmitglied, das die Heckleinen übergibt oder an der Pier festmacht, sobald sie Ihre Liegeposition erreicht haben. Die Heckleinen müssen ausreichend lang sein und sauber klarliegen, d.h. sie sollen durch die Klüsen und nicht über die Reling laufen. Die luvwärtige Heckleine wird als erste ausgebracht. Falls Sie genügend Crewmitglieder an Bord haben ist noch eine weitere Person mit einem Fender in der Hand wünschenswert, der diesen bei Bedarf einsetzen kann, falls die Yacht z.B. einem Nachbarlieger zu nahe kommen sollte. Auch ist es für die Crew an der Ankerwinsch mitunter schwer etwas zu hören, wenn die Ankerkette durch den Beschlag rauscht. Hier ist eine Person am Bug hilfreich, die die Kommunikation zwischen Ruder und Ankercrew sicherstellt.
Sind die Rollen an Bord festgelegt, sprechen Sie das Manöver noch einmal in Ruhe durch, bis jedem Crewmitglied der Ablauf klar ist.
Auswahl des Liegeplatzes
Nun fahren Sie mit der Yacht auf den Liegeplatz zu und schauen sich diesen aus der Nähe an. In engen Boxengassen hat es sich bewährt, rückwärts in Richtung des Liegeplatzes zu fahren. Sofern etwas Unerwartetes passiert brauchen Sie die Yacht nicht mehr zu drehen sondern können direkt in den Vorwärtsgang gehen. Das Ruder greift sofort und Sie können die Boxengasse mit Vorausfahrt wieder verlassen.
Bei der Inspektion Ihres Liegeplatzes sollten Sie darauf achten, wie die Ankerketten Ihrer späteren Nachbarn verlaufen um zu vermeiden, dass Ihre eigene Ankerkette über der Kette eines Nachbarn zu liegen kommt. Versuchen Sie auch, den Untergrund direkt vor der Pier einzuschätzen. Liegen dort möglicherweise Felsen oder Betonreste im Wasser, die Ihr Ruder beschädigen könnten? Ist die Lücke für Ihre Yacht ausreichend groß? Haben Sie das Glück in einen Liegeplatz mit dem Heck gegen den Wind einfahren zu können? In diesem Fall verhindert der Wind, dass der Bug nach Lee ausbrechen kann. Oder gibt es Querwind, der eine höhere Manövergeschwindigkeit oder ein Vorhalten nach Luv erfordert, wenn sie rückwärts auf die Pier zuhalten während die Ankerkette ausgelegt wird?
Das Ankermänover
Wenn Sie sich hinsichtlich Ihres Liegeplatzes sicher sind, fahren Sie die Yacht an eine Stelle, die etwas weiter von der Pier entfernt liegt als diejenige Stelle, an der der Anker fallen soll. Richten Sie die Yacht so aus, dass der Radeffekt sie nach dem Einlegen des Rückwärtsganges in einen rechten Winkel zur Pier zieht, so dass Sie in gerader Linie rückwärts in Ihren Liegeplatz fahren können. Legen Sie dann den Rückwärtsgang ein und nehmen Fahrt achteraus auf. Der Anker sollte 2-3 Schiffslängen vor dem Liegeplatz auf den Grund gelegt werden. Veranlassen Sie, dass die Ankercrew das Grundeisen an dieser Stelle fallenlässt und die Kette zügig abfiert. Keinesfalls darf die Kette die Fahrt der Yacht so weit abbremsen, dass diese zum Stillstand kommt. Eine Wiederaufnahme der Rückwärtsfahrt bedeutet nämlich, dass der Radeffekt die Yacht aus der rechtwinkligen Linie zur Pier zieht und ein direktes Ansteuern des Liegeplatzes nicht mehr möglich ist. Die gleiche Wirkung hat Querwind in dieser Situation. Das ist auch der Grund, weswegen das Grundeisen beim römisch-katholischen Anlegen nicht regulär eingefahren werden kann. Die Yacht muss kontinuierlich achteraus fahren, damit die Anströmung des Ruders nicht abreißt. Wird die Yacht von der Ankerkette unbeabsichtigt gestoppt, ist das Manöver daher abzubrechen und von vorn zu beginnen. Beim zügigen Fieren der Ankerkette ist lediglich darauf zu achten, dass sich keine Kettenhäufchen auf dem Grund bilden.
Mit ablaufender Ankerkette und Fahrt achteraus nähern Sie sich Ihrem Liegeplatz. Dieser Moment erfordert große Konzentration bei der gesamten Crew. Rufe oder Kommentare von Personen auf Ihren Nachbarschiffen oder gar auf der Kaimauer sollten Sie möglichst unbeachtet lassen.
Mit etwa 1-2 Meter Abstand des Hecks von der Kaimauer wird die Yacht mit Hilfe der Maschine aufgestoppt. Es sollte soviel Ankerkette gesteckt sein, dass die Yacht von der Kettenspannung nicht wieder von der Pier weggezogen wird. Das Crewmitglied, welches sich um die Heckleinen kümmert kann die Festmacher nun an das Marinapersonal übergeben oder selbst um den Poller an der Pier legen. Der Abstand des Hecks von der Kaimauer wird in dieser Zeit mit der Maschine reguliert. Nachdem zunächst die luvwärtige und dann die leewärtige Heckleine zurück zur Yacht geführt und grob auf die richtige Länge eingestellt wurden, kann das Crewmitglied am Anker die Kette auf Spannung holen. Sofern der Anker nun slipt ist das Manöver erneut zu fahren. Andernfalls können Sie Ihre Heckleinen richtig einstellen und die Gangway ausbringen.
Der Ableger am nächsten Morgen ist einfach: Besprechen Sie das Manöver mit der Crew, teilen Sie die Rollen ein. Nach dem Start der Maschine, entfernen des Landstromkabels und Einholen der Gangway lösen Sie zunächst die leewärtige, dann die luvwärtige Heckleine. Lassen Sie sich von der Ankerwinsch mit etwas Unterstützung durch die Maschine zum Anker ziehen. Anker hieven – fertig.
Sollte es jedoch zu Kettensalat gekommen sein hilft möglicherweise folgendes Vorgehen: Hieven Sie mit dem eigenen Anker die fremde Kette, bis Sie diese mit einer kurzen Leine unterfangen können. Fieren Sie dann ihren Anker wieder soweit, bis er unter der fremden Kette frei kommt und hieven ihn dann an Bord. Anschließend lösen Sie die Unterfangungsleine und lassen die fremde Kette zu Boden sinken.